Unsicherheit oder Neugierde - auf welcher Seite stehen Sie im New Now?
Oh, wie haben wir es doch vermisst stundenlang im Stau zu stehen, am Flughafen die Verspätungsmeldung an der Anzeigetafel zu lesen und den Kapuzenpulli aus dem Homeoffice wieder gegen schicke Business-Kleidung zu tauschen. Und auch die alten, traditionellen Strukturen haben uns schmerzlich gefehlt. Doch ich kann Sie beruhigen, Ihr sehnlichster Wunsch der letzten Monate geht in Erfüllung. Jetzt heißt es wieder business as usual – raus den eigenen vier Wänden und rein ins Büro, in den Flieger und in Face-to-Face Meetings.
Dass es unbeschwert sein wird, glaubt im Moment wohl kaum jemand. Die Anspannung der letzten Wochen hat nicht nur an meinen Nerven gezerrt und den Blick auf die Welt und meine Verankerung in ihr verändert. Manchmal reicht nur ein unbedachtes Wort, um meine Emotionen hochkochen zu lassen. Wertvolle Resilienz-Trainings und Selbstdisziplin hin oder her. Nicht nur ich, wir alle sind dünnhäutiger geworden. Im Stress fällt es schwer, in Chancen zu denken.
The New Now – Ein Akt auf dem Drahtseil
Kürzlich hörte ich in einem Podcast den tollen Begriff: „The New Now“. Dieser Begriff fasziniert mich, weil er den schwierigen Balanceakt beschreibt, den wir aktuell vollführen. Er macht Lust auf eine neue Welt, in die es uns unerwartet hinein katapultiert hat, macht neugierig auf veränderte Mechanismen und Strukturen. Im „Now“ steckt aber auch der dringliche Appell, direkt und ohne Verzögerung endlich ins Handeln zu kommen.
Nicht erst „Tomorrow“! Es gibt keine lineare Entwicklung aus der Vergangenheit. Also kein Training, keine Vorbereitung sind möglich. Doch wie kommen wir als Nation, als Unternehmer, als Führungkräfte, als Mitarbeiter und vor allem als Menschen mit all den Hüten, die wir in diesem Gesamtsystem tragen, in diesem „New Now“ an? Wie sieht die neue Kultur des Miteinanders aus? Wie geht Führung? Wann und wie verabschieden wir die alten Verkrustungen?
Wie immer. Es liegt an jedem von uns. Und ja, für jeden stellt sich das „New Now“ anders dar. Während ich persönlich neugierig bin, sind andere unsicher und verhalten. Bei zunehmendem Pessimismus für die Entwicklung der Wirtschaft in den kommenden Monaten wächst bei den einen die Sorge um den Arbeitsplatz. Bei den anderen wächst die Sorge, ob all die Unbekannten zu bewältigen sind. Und es gibt diejenigen, die gerne festhalten möchten.
Mehr Führung, mehr Hinhören - weniger Hierarchie, weniger Ego
Die Ansprüche an wirksame Führungskräfte haben sich deutlich geändert. Bis hinauf in die erste und zweite Linie. Hatten bereits einige Branchen und Unternehmen neue Arbeitsformen eingeführt, so hat das Homeoffice nun flächendeckend zu mehr Autarkie erzogen.
Das sollten Führungskräfte im „New Now“ beachten, um nicht die „Balance“ zu verlieren:
• Das „New Now“ fordert Verantwortung und eine offene Haltung von jedem von uns. Beobachten Sie Ihr Umfeld, tauschen Sie mir Ihrem Team die Erfahrungen der letzten Wochen aus, lernen Sie die Erwartungen besser kennen. Sie müssen nicht auf jede Forderung eingehen. Aber die Gefahr lauert im unflexiblen „das haben wir schon immer so gemacht“. Entwickeln Sie gemeinsam eine zukunftsweisende Bereichs- oder Abteilungskultur.
• Hierarchisch denkende, sehr auf ihr eigenes Ego konzentrierte Führungspersönlichkeiten werden es schwerer haben als vor der Krise. Die Ansprüche an Zusammenarbeit und an Gestaltungsfreiräume haben sich geändert. Mehr denn je bedeutet Führung, Leitplanken und eine Idee vom Ziel zu geben, ohne sich selbst dabei als allwissend im Vordergrund zu sehen. Die Aufgabe ist es, sinnstiftend und an Werten orientiert zu führen, nicht über Titel, Timelines und Angst.
• Die Digitalisierung hat uns flexibilisiert und autonom gemacht. Gefehlt hat uns das zwischenmenschliche Miteinander. Hören Sie mehr hin, nehmen Sie wahr, was in Ihrem Umfeld passiert und seien Sie selbst als Führungskraft greifbarer. Wenn diese Punkte beachtet werden, werden die Herausforderungen nicht geringer, aber sie helfen, den schwierigen Balanceakt leichter zu bewältigen.